Zugegeben, das goldene Spät-Oktober-Wetter hat mir total in die Hände gespielt. Nach dem Wetterumschwung Anfang des Monats mit den verregneten Wochenenden hatte ich schon befürchtet, dass meine Baustelle eine „Unvollendete“ hinterlässt. Aber so konnte ich in den letzten beiden Wochen jede freie Minute für die Fertigstellung nutzen. Doch der Reihe nach.
Bis auf wenige Bruchsteine waren die Mauersteine aufgebraucht und nicht für eine Krone tauglich. Bei manchen Trockenmauern kann man sehen, dass ganz oben kleine, flache Mauersteine aufgebracht wurden, was eben vom Mauerbau übrig blieb. Das scheint zunächst naheliegend, zumal man die Steine ja auch anheben und auflegen muss. Allerdings ist dies der Stabilität der Mauer abträglich. Zu groß ist die Gefahr, dass beim Betreten Steine der Mauerkrone und gegebenenfalls auch darunterliegende Steinreihen unbeabsichtigt verschoben werden. Das kann auch durch Tiere passieren, die auf den Grundstücken unterwegs sind. Aber auch durch Regen und Frost lockern sich leicht die Steine. Deshalb sollte die Mauerkrone noch einmal mit schwereren Steinen ausgebildet werden, idealerweise je nach Verfügbarkeit zwischen 20 und 40kg. Das erzeugt dann noch einmal zusätzliche Stabilität durch den Druck auf die darunterliegenden Mauersteine. Zum Glück kann ich auf meinen privaten Steinbruch zurückgreifen, wo ich die Steine vom Abbruch unseres alten Kellers gelagert habe. Ca. 30 Steine in unterschiedlichen Stärken habe ich veranschlagt. Mit dem PKW sind mehrere Fahrten erforderlich, um diese auf das Grundstück zu karren. Doch dann beginnt erst die Schweißarbeit. Jeder einzelne Stein muss 11 Terrassen hoch zur Baustelle hinter der Hütte getragen werden. Doch dann kann es endlich losgehen.
Zuerst setze ich einen passenden Quaderstein in die Mitte der Mauer um die Höhe vorzugeben, direkt an dem Mauerknick. Dann habe ich nach rechts und links jeweils eine gerade Flucht. Da ich an der rechten Ecke auf dem alten Mauerbestand aufsetze, muss dort zunächst die Höhe angeglichen werden. Dann kann ich mit Quadersteinen in Richtung Mitte mauern. Die Mauersteine mit einer Stärke von 17cm habe ich gezielt ausgewählt, damit diese direkt an die Geländeoberkante reichen und zudem optisch perfekt zum Fugenbild der rechten Mauerhälfte passen. Diese Arbeiten schreiten zügig voran. Auf der linken Seite habe ich eine Höhe von über 25cm für die Mauerkrone zu überbrücken. Deshalb führe ich diese zweireihig aus, auch wieder passend zum darunterliegenden Fugenbild. Der Aufwand zum Verkeilen und Hintermauern der Steine ist hier größer und die Leiter ist zum unverzichtbaren Hilfsmittel geworden, denn bei einer Arbeitshöhe von über 1,60m kann ich vom Boden aus nicht mehr hinter die Steine sehen. Aber auch die Lücke der beiden letzten Steinreihen werden wird Stück für Stück geschlossen und die Mauer strebt ihrer Vollendung entgegen.
Sämtliche verbleibende Bruchstücke und nicht mehr nutzbare Mauersteine finden noch Verwendung für die Hintermauerung und die Arbeitsfläche auf der Terrasse sieht inzwischen aus wie gefegt. Bis auf den großen Erdhügel. Stimmt, da war ja noch etwas. Die Mauerkrone muss zum Abschluss ja noch mit Erde hinterfüllt werden. Das war bei der Höhe der bisherigen Baustellen kein großes Thema. Aber hier muss jede einzelne Schaufel auf 2m angehoben und die Erde hinter die Steine gekippt werden. Die Verteilung und Verdichtung kann ich dann von der darüberliegenden Terrasse vornehmen. Aber mit dem guten Gefühl, dass dies die letzte Kraftanstrengung für diesen Mauerbau ist, lässt sich auch diese Fleißarbeit zügig erledigen.
Ein Kleinigkeit stört mich noch an meiner neuen Trockenmauer. Da die einzelnen Mauersteine nicht exakt auf Maß und Form zugehauen sind, wirkt die obere Steinkante der Mauerkrone etwas gezackt. Nun kann ich nicht die obere Steinreihe über die gesamte Breite egalisieren. Aber zum Glück lässt sich das Auge sehr einfach täuschen. Es reicht vollkommen aus, die vordere Kante der obersten Mauersteine mit dem Setzeisen ungefähr in der gleichen Flucht zu brechen. Unebenheiten im Stein werden geglättet, die Kanten in der Höhe auf die Nachbarsteine angepasst. Die eigentliche Oberfläche der Steine bleibt unangetastet. Und dennoch entsteht nun der Eindruck einer geraden Kante. Der Fachmann möge mir an dieser Stelle nachsehen, dass ich gegen eine goldene Regel im Trockenmauerbau verstoßen habe: nämlich dass auf der Mauer nicht gehauen wird. Aber ich habe die Steine anschließend noch einmal gerichtet. Und somit ist nach drei Jahren aus der „Unvollendeten“ doch noch eine „Vollendete“ geworden.
Zum Abschluss noch die unvermeidbare Statistik zum Bau dieser Trockenmauer:
Sichtbare Mauerfläche 9.76 m²
Bewegtes Steinmaterial ca. 12 Tonnen
Größte Einzelsteine ca. 400 und 280kg
Arbeitszeit ca. 41 Stunden zur Vorbereitung (Rodung)
Arbeitszeit ca. 112 Stunden für den Mauerbau
30 neue Mauersteine mussten für die Mauerkrone beigesteuert werden, ansonsten konnten alle abgebrochenen Steine wiederverwendet werden.